Drei Millionen Franken kostete die Restauration der Burg Hochjuvalt bei Rothenbrunnen. Nach der Restauration erkennen auch Laien die früheren Funktionen.
An der engsten Stelle im Domleschg baute die Adelsfamilie Juvalta um 1240 eine Burg, von der aus die «Römische Strasse» als wichtigste Nord-Süd-Verbindung zwischen Augsburg und Rom kontrolliert werden konnte.
Die nördlich von Rothenbrunnen thronende Burg wurde nach den Herren von Juvalta benannt (rätoromanisch Giuvaulta, römisch «Jugum altum» = «hohes Joch»).
Als das Dorf 1560 seinen deutschen Namen Rothenbrunnen erhielt – nach der Heilquelle, aus der jod- und eisenhaltiges rotes Wasser fliesst – war die Burg aber schon verlassen und eine Ruine.
Dabei gehörten die Juvalta zu den ältesten Adelsfamilien in Graubünden. Den im Tal gelegenen Teil der Burg Hochjuvalt baute sie 1240 als «Wegzoll-Station» mitten auf die «Römische Strasse» zwischen der Felswand bei Rothenbrunnen und dem Rhein.
Die «Wegzoll-Station» wurde von hohen Mauern und einem quadratischen Turm in der Südecke geschützt. Wenn die Burg Hochjuvalt ihre massiven Tore schloss, wurde der ganze Nord-Süd-Verkehr aufgehalten! Sogar die Holzflösserei auf dem Hinterrhein konnten die Burgherren kontrollieren.
120 Meter über der «Wegzoll-Station» bauten die Herren von Juvalta ihre Residenz mit einem fünfstöckigen Wachtturm, Zisterne und Umfriedungsmauern. Acht Meter hoch wurde die Grundmauer vom nackten Felsen hochgezogen und hinterfüllt, um einen begehbaren ersten Fussboden zu schaffen.
Schon im Jahre 1250 bauten die Herren von Juvalta zusätzlich die Burg Innerjuvalt östlich von Rothenbrunnen. Wieder mit den Ökonomiebauten im Tal und einer Residenz mit Wachtturm, Zisterne und Umfriedungsmauern auf dem Felsen.
Vielleicht hatten sich die Herren von Juvalt übernommen, jedenfalls beschrieben die Chronisten im 15. Jahrhundert nur noch die Ruinen der Burgen Hochjuvalt und Innerjuvalt. Und 1823 wurde die «Römische Strasse» von der «Italienischen Strasse» auf der anderen Talseite ersetzt.
Die «Römische Strasse» wird heute «Polenweg» genannt, weil sie im Zweiten Weltkrieg von internierten polnischen Soldaten ausgebaut wurde.
Im Zweiten Weltkrieg baute die Schweizer Armee unter der Burg Hochjuvalt gleichzeitig die Festung «Juvalta» in den Fels. Aus dem Betonbunker heraus schützten Schweizer Soldaten ab 1941 die Nord-Süd-Verbindung vor den Truppen von Hitler im Norden und Mussolini im Süden.
Und die Schweizer Nationalbank lagerte hier bis 1985 über 140 Tonnen ihrer Goldreserven. Nur durchtrainierte Grenzwächter konnten die schweren Goldbarren über eine sieben Meter hohe Felsleiter zum Festungseingang hochtragen.
Die Stiftung «Pro Castellis» konnte die Burg Hochjuvalt vor einigen Jahren dem Eidgenössischen Verteidigungsdepartement VBS mit der militärischen Alpenfestung «Juvalta» abkaufen. Der neue Besitzer musste die Burgruinen zuerst mit der HMQ AG vermessen, bevor Projektleiter Felix Nöthiger mit zwei galizischen Maurern im Jahre 2010 die dreijährige Restauration beginnen konnte.
Nach 700 Jahren war nicht mehr viel übrig geblieben von der einstigen «Wegzoll-Station» im Tal. Nöthiger konnte aber auf der Basis der Gebäudeaufnahmen die grossen Breschen im Mauerwerk schliessen und unter anderem das Tor der «Römischen Strasse» (heute «Polenweg») in den Originalmassen rekonstruieren.
Auf dem Felsen oben ragte von der Residenz nur noch eine Ecke des fünfstöckigen Wachtturms in den Himmel. Daneben fand Felix Nöthiger während der Gebäudeaufnahmen noch Teile des Wohnhauses, das 20 Meter lang und acht Meter breit war. Auf der Bergseite der Residenz wurde auch die Kaverne mit acht Meter Durchmesser vermessen, in der vor 700 Jahren das Dachwasser des Wohnhauses gesammelt und filtriert wurde.
Der Rasa-Pietra-Verputz dieser Ruinen war erstaunlicherweise noch erhalten. Bei dieser Technik wurde der Mörtel zwischen den Mauersteinen verstrichen, bis die Mauer eine ebene Fläche bildete, die Steinköpfe jedoch unbedeckt blieben.
Drei Millionen Franken kostete die Restauration der Burg Hochjuvalt. Zwei Drittel davon haben das VBS, das Bundesamt für Kultur, der Kanton Graubünden und private Stiftungen übernommen. Den Rest tragen Unternehmen wie die HMQ AG, die ihre Dienstleistungen für die Restauration kostenlos zur Verfügung stellten.
Die überwachsenen und zerfallenen Ruinen rekonstruierte Felix Nöthiger zu einem Burgfragment, bei dem auch Laien die früheren Funktionen erkennen. Alles Neue ist mit Schattenfugen und tiefer gesetztem Mauerwerk oder Lochreihen klar markiert. Neben einem aufwändigen Blitzschutz ragen sogar wieder Kragbalken aus der Spitze des Wachtturmes und zeigen, wo einst der Wehrgang war.
Während der drei Jahre dauernden Restauration der Burg Hochjuvalt war Felix Nöthiger nicht «nur» Projektleiter und Bauführer, er hat auch als Maurer Hand angelegt und weiss darum: «Die Mauern stehen felsenfest – mindestens für die nächsten 200 Jahre!»
Illustration von Joe Rohrer nach Skizzen von Felix Nöthiger